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02.01.2017 | Pressemeldung

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Arzt-Patienten-Beziehung ändert sich

München. Die Digitalisierung durchdringt mittlerweile alle Lebensbereiche und Geschäftsmodelle: Sie beeinflusst unsere Art zu kommunizieren, beschleunigt industrielle Prozesse und verändert unsere Arbeitswelt. Die digitale Transformation des Gesundheitswesens ist davon nicht ausgenommen. Online-Sprechstunden und –Terminbuchungen, erste telemedizinische Anwendungen, wie die automatisierte Überwachung von Herzschrittmachern, finden Eingang in die Praxis. 

Immer mehr Menschen versuchen zudem über das Internet etwas über Krankheitssymptome oder Therapiemöglichkeiten herauszufinden, bevor sie zum Arzt gehen.

Googeln bevor der Arzt kommt
 
„Das wachsende Informationsangebot im Internet für Patienten und deren gesteigertes Interesse an Gesundheitsthemen verändert das Arzt-Patientenverhältnis und stellt die traditionellen Paradigmen der klassischen Medizin und Versorgung auf den Kopf („Googeln bevor der Arzt kommt“), so der Memminger Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek. Der gut informierte Patient – eigentlich eine Idealvorstellung. Doch viele Mediziner sehen den Trend kritisch. Holetschek: „Was das Thema selbstinformierte Patienten anbelangt, gibt es große Verunsicherung - auf beiden Seiten, sowohl bei Ärzten als auch Patienten“. Viele Menschen geben in eine Suchmaschine Schlagworte wie „Gicht“ oder „Künstliches Kniegelenk“ ein und erhalten eine Liste mit zehntausenden Treffern. Das Ergebnis: ein schwer durchschaubarer Datenwust. Oft führt das Internet auch zu Verängstigung. Holetschek: „Bei einer Online-Recherche braucht beispielsweise nur irgendwo das Wort Krebs auftauchen und schon ist die Verunsicherung vorprogrammiert. Dr. Google wird daher den Arzt und dessen qualitativ fundierte medizinische Beratung und Diagnose niemals ersetzen können“.
 
Gleichwohl können Gesundheitsinformationen im Internet eine große Chance sein. Der Trend ist ohnehin nicht aufzuhalten. „Aber wir müssen Möglichkeiten schaffen, Informationen besser zu filtern, zu kanalisieren und letztlich besser einzuordnen“, so der Abgeordnete. Als stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag hat Holetschek daher einen Antrag initiiert, in dem es heißt: Die Staatsregierung soll sich einsetzen, dass die Bayerische Landesärztekammer einen Leitfaden für Ärzte zur gezielten Beratung von Patienten erstellt und bereits in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärzten ein verstärktes Augenmerk auf das Thema „Umgang mit selbstinformierten Patienten“ gelegt wird. 
 
Gespaltene Meinungen über die Auswirkungen der Selbstinformation
 
Das wachsende Informationsangebot im Internet für Patienten wird von Ärzten unterschiedlich bewertet. Im November und Dezember nahmen 804 ambulant tätige Ärzte an einer Online-Befragung der Bertelsmann Stiftung und der Barmer GEK zu Erfahrungen, Einstellungen und dem Umgang mit selbstinformierten Patienten teil. Knapp die Hälfte der befragten Ärzte (47 Prozent) sehen in selbstinformierten Patienten eine Chance für eine positive Veränderung. 45 Prozent der Befragten sind der Meinung, die Selbstinformation erzeuge vielfach unangemessene Erwartungen und Ansprüche beim Patienten, die ihre Arbeit nur belaste. 30 Prozent der Ärzte bestätigen, dass die Selbstinformation die Patienten verwirre und das Vertrauen zum Arzt beeinträchtige. Fast ein Viertel der Ärzte gab zudem an, dass die Selbstinformation die Patienten bei der Befolgung bzw. Einhaltung der ärztlichen Vorgaben beeinträchtige (25 Prozent). Etwa ebenso viele (27 Prozent) stimmten der Aussage zu, dass Patienten dadurch verschriebene Medikamente nicht einnähmen. 
 
Die Ergebnisse der Umfrage machen zudem einen hohen Bedarf ärztlicher Weiterbildung zu Gesundheitsinformationen für Patienten deutlich. Denn: Große Wissenslücken zeigten Ärzte nicht nur, was die Bekanntheit seriöser Informationsportale angeht, sondern auch welche Seiten oder Portale als vertrauenswürdig eingeschätzt werden. So schnitt das Online-Lexikon www.wikipedia.org bei Ärzten mit seiner Vertrauenswürdigkeit doppelt so gut ab wie die Seite www.patienteninformation.de, die von den Interessensvertretungen der Ärzte beauftragt und umgesetzt wird. Holetschek: „Hier sind konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Bekanntheit guter Informationsangebote notwendig - nicht nur bei Laien, sondern auch in Fachkreisen. Darüber hinaus kann der eingebrachte Antrag dazu beitragen, den Umgang von Ärzten mit selbstinformierten Patienten weiter zu ver-bessern“.